Gastbeitrag von Marco Kühn (Tennisnet, Tennis Magazin)
Kennst du das?
Es steht 3:3 im ersten Satz. Dein Gegner spielt ein passables Tempo. Du wünscht dir, dass du im laufenden Ballwechsel das Tempo ein wenig zurücknehmen könntest.
Nicht nur, weil es dir zu schnell wird. Sondern auch, um die eine oder andere taktische „Gemeinheit“ in dein Spiel zu integrieren.
Du kannst mit hohen Bällen das Tempo rausnehmen. Allerdings gibt es da eine Hürde. Auf einen schnellen Ball des Gegners einen hohen Ball zu spielen ist nicht ganz einfach. Es kann dir passieren, dass du im Schlag zu kurz wirst und dem Gegner ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk machst.
Was wäre die Alternative?
Der Slice.
Ich möchte dir in diesem Artikel drei erprobte Strategien mitgeben, um den Slice geschickt einzustreuen. Behalte während du diesen Artikel liest im Hinterkopf: Prüfe, welche Ideen für deine Spielweise passend sind. Es kann sehr gut sein, dass nicht alle vorgestellten Ideen für dich umsetzbar sind. Und das ist nicht schlimm. Toll wäre es, wenn du mindestens eine Idee aus diesem Artikel für dich mitnimmst, diese auf dem Platz übst und dann schaust, ob du sie in Zukunft im Turniermatch einsetzen kannst.
Lass uns starten.
#1 Der Slice auf den Slice
Ich kenne bei uns im Verein viele Spieler, die große Probleme mit dem sogenannten Slice-Fummler haben. Dieser Fummler spielt gern den Rückhand-Slice, streut aber auch den Slice als Vorhand ein.
Sein Ziel?
Fiese, giftige Bälle, die dich vor eine schwierige Aufgabe stellen.
Viele von diesen Spielern wollen den Fummler unter Druck setzen. Sie wollen mit einer aggressiv gespielten Vorhand den Fummler in die Rückhand-Ecke drücken oder direkt mit einem Schuss ins hintere Eck den Ballwechsel beenden.
Doch das sind sehr riskante Schlagvariationen, wenn man auf einen Slice antworten möchte.
Die einfachste, und oft auch beste Lösung, ist der Gegenslice.
Du nimmst den Seitschnitt einfach mit, indem du selbst mit deiner Vor- oder Rückhand einen Slice spielst. Bleib dabei locker im Unterarm, schau den Ball genau an und versuche deinen Slice mittig und auf die T-Linie zu platzieren.
Du hast mit dieser Variante einige Vorteile auf der Bespannung:
- Weniger unnötige Fehler
- Eine einfache Lösung für ein eventuell dauerhaftes Problem (falls dein Gegner viel Slice spielt)
- Du musst nicht zu viel Energie aufwenden
Und wer weiß. Eventuell findest du heraus, dass der Slice-Fummler den Slice selbst nicht mag?!
#2 Slice aus der Defensive
Ich wollte früher aus dem Lauf heraus den direkten Winner, brachial Longline gespielt, raushauen.
Erst Jahre später fiel mir auf, dass dies äußerst dämlich war.
Lass uns kurz überlegen was du brauchst, wenn dich dein Gegner tief in die Defensive drückt:
- Zeit
- Optionen wieder Richtung Platzmitte zu kommen
- Die Chance, dass dein Gegner einen weiteren Ball spielen muss, um den Punkt machen zu können
Der dritte Punkt wird gern unterschätzt.
Wenn du den Fehler machst, dann musste dein Kontrahent nicht den entscheidenden Todesstoß platzieren. Deswegen würde ich dir als Mentalcoach empfehlen deinem Gegner nochmal, auch aus der tiefsten Defensive heraus, eine Aufgabe zu stellen.
Wie kriegst du das hin?
Du ahnst es bereits: mit einem Slice.
Spiel den Slice aus der Vor- oder Rückhandecke hoch, lang und bestenfalls in die Rückhand deines Gegners. Du kannst den Slice auch mittiger spielen. Entscheidend ist, dass die kleine Filzkugel lange in der Luft unterwegs ist.
In dieser Zeit hast du die Chance wieder Richtung Platzmitte zu kommen. Du kannst dich neu orientieren und gibst deinem Gegner die Aufgabe einen langsamen, hohen, angeschnittenen Ball spielen zu müssen.
Das ist für viele Spieler nicht so einfach, wie es für Zuschauer ausschaut.
Halten wir fest:
Gehe aus der Defensive nicht auf den verzweifelten Lucky-Punch. Konzentriere dich darauf den Ball als Slice zu spielen, halbhoch bis hoch über das Netz. Während der Ball länger in der Luft ist, nutzt du diese Zeit und bewegst dich Richtung Platzmitte.
#3 Slice als Return
Roger Federer hat seinen Kontrahenten einige Nerven gekostet in den letzten Jahren.
Und ein Grund dafür ist sein mit viel Schnitt gespielter Rückhand-Slice-Return.
Nein, du musst diese Variation nicht so perfekt wie der Schweizer Maestro spielen. Du solltest aber die Spielidee dahinter verstehen und für dich nutzen.
Lass uns kurz überlegen, warum Roger gern einen kurzen Slice als Return spielt.
Wir sammeln ein paar Ideen:
- Der Gegner muss sich nach dem Aufschlag steil nach vorn bewegen
- Ball ist unterhalb der Netzkante; unangenehm für den Gegner
- Ball ist länger in der Luft, mehr Zeit zum besseren Positionieren
- Gegner steht nach seinem Schlag zwischen T- und Grundlinie, im Niemandsland
Das klingt gut, oder nicht?!
Wenn du den Return als Rückhand-Slice spielen möchtest, dann empfehle ich dir den zweiten Aufschlag deines Kontrahenten dafür zu wählen.
Du weißt vom Beginn dieses Artikels, dass ein schneller Ball des Gegners schwieriger beim Slice auf der Bespannung zu kontrollieren ist.
Als zweiten Tipp möchte ich dir das „ins Feld Gehen“ empfehlen. Kurz bevor dein Gegner den Ball beim Aufschlag trifft, gehst du einen Schritt ins Feld, machst den Slit-Step (Bereitschaftssprung) und bist dann in der idealen Position, um deinen Rückhand-Slice gefühlvoll mittig auf die T-Linie zu spielen.
Fazit
Wenn du einen technisch versierten Slice spielen kannst, dann setze diese Ideen um. Du kannst mit ein oder zwei neuen Spielzügen deine Spielweise variabler gestalten und deine Kontrahenten vor neue Aufgaben stellen.
Merke dir:
Ein langsam gespielter Slice, mit viel Schnitt, kann für deinen Gegner komplizierter zu lösen sein als ein schnell gespielter Vorhand-Schuss.
Ich wünsche dir viel Spaß und Erfolg auf dem Platz!
Verfasst von: Marco Kühn – Mentaltrainer, Blogger & Autor auf tennis-insider.de
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